
In der Werbung und in der Öffentlichkeitsarbeit ist Bio-Gemüse fast immer samenfest und sieht authentisch krumm aus. Im Bio-Regal aber liegen vor allem formschöne Hybride. Der Marktanteil samenfester Sorten liegt selbst im Biofachhandel deutlich unter fünf Prozent, sagen Experten. Manche halten schon ein Prozent für hoch gegriffen.
Natürlich gibt es gute Gründe für die Dominanz der Hybride im Ökolandbau. Sie stehen ausführlich in dem Beitrag „Einwegpflanzen im Bio-Regal“, den ich für die aktuelle Ausgabe von Ökologie & Landbau geschrieben habe. Darin geht es auch um die Risiken, die ich mittel- und langfristig in der großen Abhängigkeit von Hybridzüchtungen sehe. Die zwei größten:
Am Haken der Konzerne: Hybridzüchtungen können sich nur finanzstarke Unternehmen leisten. Öko-Hybride im Gemüsebau kommen etwa von Hild, einer Tochter von Bayer Crop Science. Wichtige Lieferanten sind auch zwei (noch) konzernunabhängige, niederländische Familienunternehmen. Sollte Monsanto einmal Bejo Zaden oder Vitalis / Enza Zaden kaufen, würde deren Saatgut für Bios uneinsetzbar. Der Glaubwürdigkeitsverlust wäre zu groß. Auch bei den Getreidehybriden engagieren sich vor allem die großen Saatgutkonzerne. Gerstenhybride etwa kommen von Syngenta. Hybridroggen für den Ökolandbau liefert der Gentechnik-Zuckerrübenzüchter KWS.
Im Schatten der Gentechnik: Hybridzüchter greifen immer stärker zu biotechnologischen Methoden. Ein Beispiel dafür sind die durch Zellfusion entstandenen CMS-Hybride. Die Bio-Verbände haben sie inzwischen verboten. Nach der EU-Bio-Verordnung sind sie erlaubt. Bisher beschränkt sich deren Einsatz überwiegend auf Kohlarten und Chicoree, doch die Technik wird sich ausbreiten. Die aktuelle Diskussion um den mit Hilfe von gezielten Genmutationen hergestellten und vom BVL zugelassenen Cibus-Raps zeigt, in welche Richtung die konventionelle Züchtung unterwegs ist.
Kurzfristig sind Hybride im Ökolandbau unverzichtbar. Was es braucht ist – insbesondere auf Verbandsebene – eine Diskussion darüber, wie man mittelfristig mit dem Thema Hybride umgehen will. Ein erster, an sich selbstverständlicher Schritt wäre es, für den Kunden Wahlfreiheit herzustellen und Hybridsorten klar zu kennzeichnen, vom Hersteller bis in den Laden.
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