Im letzten Herbst kamen aus der Ukraine nach den bisher vorliegenden Informationen 5.400 Tonnen angeblicher Bio-Sonnenblumenkuchen in die EU. Das eiweißreiche Futtermittel war so stark mit einem Beizmittel und einem Fungizid belastet, dass es zum großen Teil selbst nach konventionellen Maßstäben nicht mehr verkehrsfähig war. Bio kann es aufgrund der offensichtlichen Anwendung dieser Spritzgifte nicht gewesen sein. Dennoch sind die 5.400 Tonnen über zwei niederländische Händler importiert und an Futtermittelbetriebe und Bio-Tierhalter in Deutschland, den Niederlanden, Dänemark, Belgien und Frankreich geliefert und weitgehend verfüttert worden. Entdeckt haben die Belastung Kontrollstellen und -behörden, nicht jedoch die Eigenkontrolle der Betriebe.
Über die Details dieses Skandals berichte ich seit Anfang Dezember laufend auf biohandel-online.de. Hier will ich drei Aspekte darstellen, die mir bei der ständigen Beschäftigung mit diesen Vorgängen aufgefallen sind:
Groß, gierig, blind
Auf das preisgünstige ukrainische Futter haben sich große Betriebe gestürzt, die entweder nach EU-Bio-Standards produzieren oder den Verbänden Biopark und Verbund Ökohöfe angehören, deren Qualitätsarbeit gleich Null ist. Die Verbände Naturland und Bioland waren nicht betroffen, weil sie – aus guten Gründen – keine Futtermittel aus der Ukraine zulassen. Auch sie sind auf Importe eiweißhaltiger Futtermittel angewiesen. Aber sie geben sich dabei viel Mühe, die Zeit und Geld kostet. Es wäre an der Zeit, Importeure, Verarbeiter und Erzeuger klar zu benennen und auszulisten, die die Bio-Branche ständig durch ihr preisgetriebenes und dadurch leichtsinniges Handeln in Verruf bringen. Und die zu listen und zu fördern, die ordentlich arbeiten.
Einheitliches Handeln gefragt
Der Skandal hat (wieder einmal) gezeigt, dass weder die Bundesländer untereinander noch die EU-Mitgliedsstaaten in der Lage sind, bei Verstößen gegen das Öko-Recht einheitlich zu handeln. Hühner in Niedersachsen oder Meck-Pomm, die mit dem Sonnenblumenkuchen gefüttert wurden, wurden dezertifiziert und müssen eine sechswöchige erneute Umstellung durchlaufen. In Sachsen-Anhalt eiern die Behörden in dieser Frage noch und in den Niederlanden und Dänemark bleiben die regelwidrig ernährten Tiere einfach Bio. Eine solche Kakaphonie verzerrt nicht nur den Wettbewerb. Sie schadet der ganzen Branche. Was ist das Bio-Versprechen wert, wenn es jeder so auslegen kann wie es ihm gefällt?
Das Bio-Bashing ist wohl vorbei
Vielleicht lag es an der Weihnachtszeit oder an dem behördlichen Mantra, dass sich in den betroffenen Eiern keine Rückstände nachweisen ließen: Das Medien-Echo auf diesen preis- und giergetriebenen Skandal war bisher minimal. (Ebenso übrigens auf die Anfang Dezember bekannt gewordene Rumänienbetrugsgeschichte vom Frühjahr 2014). Es scheint, dass nach dem völlig missglückten Spiegeltitel von Anfang November Missstände in der Bio-Branche erst mal kein Thema mehr sind. Alles gesagt und geschrieben. Einerseits gut, andererseits bedenklich, weil sich an den zurecht gerügten Missständen nichts ändert, wie diese beiden Fälle beispielhaft zeigen. Für zu viele Bio-Unternehmen gilt weiterhin, was Kollege Maurin in der taz wunderschön getitelt hat: „Gier frisst Hirn“.