Die Zeiten ändern sich. Ohne Frage. Was früher „back to nature“ hieß, waren runzelige Bio-Äpfel und Bio-Karotten im einzigen Biolädchen der Stadt. Heute liegen Obst und Gemüse wie gemalt in Weidekörbchen in jedem Supermarkt. Das nenne ich Fortschritt. Doch der moderne Biohandel hat neben dem breiten Angebot auch Convenience, die Bequemlichkeit, entdeckt. Alles ist hygienisch einwandfrei verpackt. Zum Teil sogar doppelt und dreifach. Im Bio-Supermarkt liegt die Packung Strauchtomaten in einer Plastikschale und diese wiederum in einer Kunststofffolie verpackt. Die Salatgurken sind in Plastik eingeschweißt, Karotten, Zwiebeln und Kartoffeln gibs im Plastiknetz. In der Bio-Bäckerei reicht die Verkäuferin die Laugenbrezel in einer Papiertüte über die Theke. Nein, in die Hand will sie die Semmel nicht geben. Das sei ihr aus hygienischen Gründen untersagt. So ein Blödsinn!
Eine Freundin hat mir kürzlich erzählt, dass die Verkäuferin im Rewe sich weigerte, den Käse in die mitgebrachte Plastikdose zu legen. Warum eigentlich? Hat der Lebensmittelhandel nicht mitgekriegt, dass es längst eine Trendwende in Sachen Verpacken gibt?
In Berlin und Bonn ist es schon soweit. Der Laden Original unverpackt in der Hauptstadt verkauft Linsen im Stoffbeutel, Essig, Öl oder Shampoo füllen sich die Kunden in mitgebrachte Gefäße ab. Rund 400 Artikel haben keine Einwegverpackungen. In der Supermarktkette Veganz können sich die Kunden Reis, Nudeln und Hülsenfrüchte ebenfalls aus großen Spendern abfüllen. Auch Hilke und Tim Deinet in Bonn probieren im „Freikost Deinet“ neue Absatzformen aus. Sie verkaufen im ersten Bonner verpackungsfreien Laden Bio- und faire Lebensmittel aus der Region. Die Kunden bringen ihre eigenen Behältnisse oder Gefäße mit. Papiertüten kosten was. Geht doch!